Das Sportporträt über die zwei Top-ÖRV-Rodlerinnen Selina Egle und Lara Kipp ist auch im an.schläge-Magazin 2025 abgedruckt zu lesen.
Selina Egle und Lara Kipp fahren hochmotiviert im Damen-Doppelsitzer zum Gold
„Mega cool, die Freude ist riesig! Es war ein super Abschluss, besser kann es eigentlich nicht laufen. Rodlerisch haben wir uns in dieser Saison gut weiterentwickelt, am Start haben wir aber noch große Reserven, da müssen wir hart an uns arbeiten“,
sagte Selina Egle.
Selina Egle und Lara Kipp sind Europa- und zweifache Weltmeisterinnen im Doppelsitzer und erzielten sechs Weltcup-Siege in Serie. Die beiden 22-Jährigen aus Tirol holten in 1:59.896 Laufzeit ihren siebenten Weltcup-Sieg. Den Gesamt-Weltcup im Dopppelsitzer entschieden sie erstmals für sich. Sie siegten in der Team-Staffel für Österreich in der chinesischen Stadt Yanqing.
Angstfrei und begeistert vom Top-Speed im Eiskanal fahren
Die beiden befreundeten Tirolerinnen sind beruflich seit sechs Jahren im Rodelsport als ÖRV-Doppelsitzerinnen weltweit unterwegs. Sie haben großen Respekt vor der anspruchsvollen Bahn in der lettischen Stadt Sigulda, sagte Kipp. Diese Rodelbahn liegt vom Starthaus bis zum Gauja-Fluss in 100 Meter Höhenunterschied und ist 1.384 Meter mit 16 Kurven lang. So manche Stürze mit schweren Verletzungen können dort auch passieren. Die 1,6 Kilometer lange Olympiabahn gilt als längste Kunsteisbahn. Ältere Athletinnen haben den größeren Vorteil. Sie kennen aus Erfahrung die Rodelbahnen. Die Doppelsitzerinnen sind im engen Raum im Eiskanal und lange Zeit viel zusammen, dabei spielt Vertrauen eine wichtige Rolle.
Von der Ein- zur Doppelsitzerin gewechselt
Die Rennrodlerin Selina Egle ist am 15ten Jänner 2003 in Tirol geboren und beim Sportverein SV Rinn aktiv. Die 22-jährige Tirolerin begann mit sechs Jahren in der Disziplin als Einsitzerin. Zuvor begleitete sie ihr Vorbild, die vier Jahre ältere Schwester Madeleine Egle zur Rodelrennbahn, um sie anzufeuern. Sie bekam dadurch großes Interesse an dieser Randsportart.
Lara Kipp ist am vierten Oktober 2002 geboren und wohnt in Igls, nahe der Tiroler Kunstrodelbahn. Ein Scouting-Team machte die damalige Taekwondo-Sportlerin Lara Kipp in der Volksschule auf den Rodelrennsport aufmerksam. Als 13-Jährige beendete sie ihre sportliche Karriere im Taekwondo und widmete sich dem Rodelrennsport.
Seit dem Jahr 2018 bildeten Kipp und Egle das Rodelteam im Doppelsitzer, nach ihren ersten Erfolgen als Juniorinnen im Einsitzer. Sie haben im Doppelsitzer ihre Positionen. So sitzt die größere Selina Egle stets vorne, damit sie aerodynamisch besser harmonieren, sagte Kipp. Sie müssen nur einen Lauf bestehen, um beim Wettrennen teilnehmen zu dürfen.
Den zweiten Platz bei ihrer Weltcup-Premiere feiern
Ihre ersten internationalen Erfolge feierten die Tirolerinnen im Jahr 2019 mit Podestplätzen bei den Jugend-A-Weltcups in Oberhof und Winterberg. Im Jänner 2020 verzichteten sie bei den Olympischen Jugend-Winterspielen teilzunehmen, weil Selina Egle ihren Mittelfußknochen im Training brach. Am dritten Dezember 2022 gewannen Egle und Kipp, nach zwei Jahren Pause. Sie kamen vor dem deutschen Duo Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal. Egle und Kipp belegten bei ihrer Weltcup-Premiere den zweiten Platz. In der Saison 2024 / 2025 erlebte das ÖRV-Duo im Gesamt-Weltcup einen spannenden Schlagabtausch. Ihre schärfsten Konkurrentinnen waren dabei Degenhardt und Rosenthal. Nach sechs Weltcup-Siegen in Serie gewann das deutsche Paar. Egle und Kipp waren als Zweitplatzierte um +0,023 Sekunden knapp dahinter.
„Wir gewinnen und verlieren als Team und können am Ende sehr zufrieden sein“,
sagte Egle.
Mentale Trainingseinheiten analysieren und visualisieren
Die beiden Doppelsitzerinnen trainieren sieben bis neun Läufe vor einem Weltcup-Rennen. Sie haben jeden Tag zwei Stunden Eiszeit-Training mit jeweils drei Läufen.
„Ein Lauf dauert relativ kurz, maximal eine Minute, aber es dauert immer länger bis wir zurück zum Start sind und die Start-Freigabe erhalten“,
sagte Kipp.
Zusätzlich absolvieren sie mentale Trainingseinheiten. Sie visualisieren dabei im Vorfeld die Kunstrodelbahn und gehen alle wichtigen Entscheidungen, wie die Lenkpunkte, mental durch. Die neue Rodelbahn im koreanischen Pychang begehen sie und machen davon Videoanalysen. Sie durchlaufen damit vor dem Wettrennen den gesamten Vorgang im Kopf. Beide Rodel-Athletinnen achten auf gesunde, besonders protein- und kohlenhydratreiche Ernährung.
Rodelrennsport gilt als Randsportart mit geschlechtergerechtem Preisgeld
Im Vergleich zu anderen Sportarten gibt es beim Rodelrennsport zwischen Frauen und Männern die gleichen Trainings-Eiszeiten. Sie trainieren alle im gleichen Team und haben die gleiche Anzahl und Art der Läufe, sagte Kipp. Alle Doppelsitzerinnen, egal ob männlich oder weiblich, starten von der gleichen Starthöhe. Die Sommerrodelbahn nutzen sie als Trainingsbahn nur eingeschränkt, weil sie dort nicht die gleiche Geschwindigkeit wie auf Winterrodelbahnen erreichen. Abseits der Trainingsläufe und Visualisierung beim Mentaltraining hören Egle und Kipp gerne Musik. Sie bauen damit auch ihre Nervosität vor einem konkurrenzbeladenen Wettrennen ab, um ruhig zu bleiben. Zum Ausgleich des professionellen Rodelrennsports spielen sie Fuß- und Volleyball, Skaten oder Snowboarden. Selina Egle studiert nebenbei auch Sportwissenschaften an der Universität Egle und Kipp sind beruflich als Rodel-Athletinnen beim Bundesheer angestellt.
Sie brauchen somit keinen zweiten Beruf ausüben, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In einer schlechten Saison verdienen sie schon mal weniger. Die 22-Jährigen wohnen dafür noch im Elternhaus, was ihnen den Mietpreis erspare, aber nicht notwendig sei. Zusätzlich erhalten die Doppelsitzerinnen ihr Preisgeld in der Höhe zwischen 1.300 und 2.200 Euro für die drei Top-Podestplätze, geschlechtsneutral ausbezahlt. Nur bei der Platzierung unterscheidet sich die Höhe des Preisgelds. So bekommen jene für den zwölften Platz ein geringeres Preisgeld als die Erstplatzierten. Diese FIL Prämien im Rodelrennsport sind transparent. Sie sind genauso wie die Weltcup-Rodelrennen und Ergebnisse hier im Vero Sportnews nachzulesen.
Die ÖRV-Doppelsitzerinnen sind zielstrebig auf dem Weg zum Olympia-Gold 2026
Es sei der Traum jeder Athletin bei der Olympia dabei zu sein, sagten die beiden ÖRV-Doppelsitzerinnen. Sie erreichten am 22ten Februar 2025 beim Weltcup-Saisonfinale in China erstmals die Gesamt-Weltcup-Führung. Mitte März 2025 verweilen sie wieder im Olympia-Eiskanal von Lillehammer, um weitere Materialtests durchzuführen. Nach zwei Wochen Pause starten sie Anfang April 2025 im ÖRV-Team. Sie bereiten sich mit Leistungsdiagnostik und sportärztlichen Untersuchungen auf die Olympia-Saison, vom sechsten bis 22. Februar 2026 in Mailand, vor.
„Es war eine fantastische Saison, den Schwung gilt es nun für die weiteren Aufgaben mitzunehmen. Unser nächstes großes Ziel sind die Olympischen Spiele im kommenden Jahr, wo es hoffentlich ähnlich gut läuft wie in dieser Saison“,
sagte Lara Kipp abschließend.
Vom sechsten bis 22ten Februar 2026 sind die zwei Top-Doppelsitzerinnen in Mailand gesetzt
Die 25ten Olympischen Winterspiele sollen vom 6. bis 22. Februar 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo stattfinden. Nach Cortina 1956 und Turin 2006 wären es die dritten Winterspiele in Italien. Wenn der umstrittene Bau der Olympia-Rodelbahn nicht rechtzeitig fertig wird, ist US-amerikanischer Lake Placid als Austragungsort geplant.
Fotocredit: EGLE_KIPP (c) LFIL_DZALBS.